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Mit der freien Quote ein Solidaritätszeichen setzen 

Wie steht das Schweizer Erbrecht zu Spenden aus dem Nachlass? Hier greift die sogenannte freie Quote. Was das genau bedeutet und wie Sie damit die humanitäre Arbeit des IKRK unterstützen können, erklärt Notar Peter Augsburger im Interview.

Das Schweizer Erbrecht sieht Pflichtteile für nahe Angehörige vor, lässt jedoch einen Spielraum: die freie Quote. Über diesen Anteil des Nachlasses kann die erblassende Person nach eigenen Wünschen verfügen und unter anderem die Arbeit humanitärer Organisationen – wie dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) – unterstützen. Peter Augsburger, Fürsprecher und Notar, erklärt im Interview, wie die freie Quote gehandhabt wird und welche Angaben dazu im Testament erforderlich sind:

Herr Augsburger, was versteht das Erbrecht unter der freien Quote?
Peter Augsburger: Die freie Quote ist der Teil des Nachlassvermögens, der nicht den pflichtteilsgeschützten Erben vorbehalten bleibt. Mit der Erbrechtsrevision, die seit 1. Januar 2023 in Kraft ist, ist die freie Quote auf 50 Prozent gestiegen. 

Pflichtteile und freie Quote

Wie sehen die Anteile der pflichtteilgeschützten Erben aus?
Die Nachkommen in direkter Linie erhalten ein Viertel des Gesamtnachlasses. Hinterlässt die verstorbene Person keinen Ehepartner, sondern ausschliesslich Nachkommen, beträgt deren Pflichtteil die Hälfte.

Der Pflichtteil des Ehepartners oder der Ehepartnerin liegt ebenfalls bei einem Viertel des Gesamtnachlasses, sofern Nachkommen vorhanden sind. Bei kinderlosen Ehepaaren liegt der Pflichtteil bei der Hälfte. Der Pflichtteil der Eltern hingegen ist mit der Revision des Erbrechts vom 1. Januar 2023 gänzlich weggefallen.

Was geschieht, wenn kein Testament vorhanden ist?
In diesem Fall gilt die gesetzliche Erbfolge. Der Nachlass wird unter den Familienangehörigen und dem hinterbliebenen Ehepartner verteilt.

Hinterlässt man weder Familienangehörige noch Ehepartner und hat kein Testament verfasst, fällt der gesamte Nachlass an den Staat.

Welche Vermögenswerte fallen in den Nachlass?
Alles, was die erblassende Person besitzt – also Immobilien, Wertschriften, Bankkonten, Schmuck und dergleichen. Auch immaterielle Güter wie Lizenzen, Urheberrechte oder Patente gehören zum Nachlass.

Welche Möglichkeiten bieten sich dem Erblasser durch die freie Quote?
Wie der Name schon sagt: Die vererbende Person ist völlig frei, diese Quote einzusetzen. So ist es beispielsweise möglich, einen pflichtteilsgeschützten Erben zusätzlich zu begünstigen, etwa den Ehepartner oder eines der Kinder.

Oft werden auch Patenkinder, enge Freunde oder humanitäre Organisationen wie das IKRK berücksichtigt. Die freie Quote kann als Gesamtes erbrechtlich zugewiesen oder aufgeteilt werden. Entscheidend ist eine präzise Formulierung im Testament.

Eine unklare Verfügung wie «für einen guten Zweck» birgt das Risiko von Missverständnissen oder Fehlinterpretationen.

Äthiopien, Tigray, Shire-Krankenhaus: Ein Mitglied des IKRK-Teams für physische Rehabilitation hilft einem Patienten, das Gehen mit seiner Prothese zu...
Äthiopien, Tigray, Shire-Krankenhaus: Ein Mitglied des IKRK-Teams für physische Rehabilitation hilft einem Patienten, das Gehen mit seiner Prothese zu üben. (IKRK / NOSENKO, Yevgen)
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Das IKRK-Team liefert Hilfsgüter an die Ukrainische Rotkreuzgesellschaft
Das IKRK-Team liefert Hilfsgüter an die Ukrainische Rotkreuzgesellschaft (IKRK / NOSENKO, Yevgen)
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Wie vermerke ich im Testament korrekt, dass ich das IKRK begünstigen möchte? 
Es gibt verschiedene Formen, dem IKRK etwas zu hinterlassen. Wird die Organisation mit einem bestimmten Anteil als Erbin eingesetzt, gehört sie zur Erbengemeinschaft.

In diesem Fall erhält sie zusammen mit den anderen Erben Einblick in den gesamten Nachlass und ist Partei der Erbteilung. Wird die Organisation mit einem bestimmten Betrag aus der freien Quote bedacht, handelt es sich um ein Vermächtnis (Legat).

Anstelle von fixen Summen besteht die Möglichkeit, ein Legat als Quote des Nachlasses zu definieren. 

Warum Prozente und keine fixen Beträge?
Ist der Nachlass gross, besteht bei fixen Beträgen das Risiko, dass man einer Organisation weniger zuweist, als mit der freien Quote effektiv möglich gewesen wäre.

Ist hingegen der Nachlass kleiner als angenommen, werden mit einem fix zugewiesenen Betrag unter Umständen die Anteile der pflichtteilsgeschützten Erben verletzt. Deshalb kann es ratsam sein, für Legate Prozente einzusetzen.

Kann ein Erblasser sein Vermächtnis an Bedingungen knüpfen und den konkreten Verwendungszweck bestimmen?
Das ist grundsätzlich möglich. Ich rate jedoch, einen spezifischen Verwendungszweck zu vermeiden bzw. ihn nicht zu eng zu formulieren. Eine humanitäre Krise, die heute im Fokus steht, ist möglicherweise zur Zeit des Ablebens nicht mehr aktuell.

Wer dennoch ein bestimmtes Projekt unterstützen will, dem empfehle ich, das Gespräch mit dem IKRK zu suchen. 

Wie unterscheiden sich Schenkungen von Beträgen aus der freien Quote?
Eine Schenkung macht man zu Lebzeiten. Der Vorteil für jene, die eine Schenkung erhalten: Sie können sich bei dem Spender noch bedanken.

Allerdings kann eine Schenkung kurz vor dem Tod eine Pflichtverletzung gegenüber den pflichtteilsgeschützten Erben darstellen.

Es kann zu einer sogenannten Herabsetzung der Schenkung kommen und von den Beschenkten ein Teil zurückverlangt werden. 

Welche Frist gilt für Schenkungen?
Der Herabsetzung unterliegt eine Schenkung, die den Pflichtteil verletzt, wenn sie weniger als fünf Jahre vor dem Ableben des Erblassers ausgerichtet wurde.

Ich erlebe es in der Praxis jedoch oft, dass Grosszügigkeit eine Familientradition ist und dass es selten zu einer Herabsetzung einer Schenkung kommt.

Aber vom Gesetz her sind die pflichtteilsgeschützten Erben im Recht, die Herabsetzung zu verlangen.

Weitere Informationen

Im Testament ist der vollständige Name und die Adresse des Begünstigten anzugeben, in diesem Fall das

Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK)
19 avenue de la Paix
1202 Genf.

Personen, die dem IKRK ein Legat hinterlassen möchten, können mit Zustimmung des IKRK die Gültigkeit ihres Testaments kostenlos durch einen Experten prüfen lassen.

Legate und Erbschaften an das IKRK sind zu 100 Prozent steuerfrei.

Weitere Auskünfte gibt Marie-Jo Girod, Leiterin Legate und Spenden beim IKRK: Tel. +41 22 730 33 76 oder Mail mgirodblanc@icrc.org

icrc.org/de/legat

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